Salonfähig ist eine bitterböse Geschichte, die sich im Umfeld einer neokonservativen Parteijugend bewegt, zu der auch ein machthungriger junger Mann gehört, der schon bald den Bezug zur Realität vollständig verliert. „American Psycho“ auf Österreichisch!
Der Ich-Erzähler in diesem Roman arbeitet im Parteibüro der „Jungen Mitte“. Sein Leben dreht sich hauptsächlich um den Parteichef der „Mitte Österreichs“, Julius Varga, diesen ahmt er auf krankhafte Weise nach und buhlt um seine Aufmerksamkeit.
Dies geht soweit, dass er nicht nur dessen Mimik und Gestik vor dem Spiegel übt, sondern auch einen Stock wie sein Vorbild benutzt, obwohl er ihn als Gehhilfe gar nicht brauchen würde. Durch dieses ständige Modifizieren seines Verhaltens offenbart sich der Protagonist als emotionsloser Hohlkörper. Alles was dieser tut, ist mit Hilfe seiner Rhetoriktrainerin einstudiert und doch ist er davon überzeugt, authentisch zu wirken.
Der Erzähler wohnt in einem schicken Appartement, trägt teure Anzüge und fährt einen Porsche 911. Mit seinen Kollegen verbinden ihn absurde Gespräche über die „Ästhetik von Terroranschlägen“, Koksen auf Club-Toiletten und jede Menge Alkohol.
Durch den Unwillen anderer, ihm höher gestellten Parteikollegen, fällt der Hauptfigur die Aufgabe zu, die Blumen und Topfpflanzen von Julius zu pflegen. Was den Parteichef jedoch keineswegs dazu bewegt, die unzähligen Textnachrichten, die er vom Protagonisten erhält, zu beantworten.
Am Ende driftet die Story ins Irreale, denn der Erzähler entnimmt seinem Vorbild die Organe und entfernt sein Gesicht, um sich dieses selbst aufzusetzen. Mit dieser verstörenden Szene wird ein weiteres Mal deutlich, dass, wie Hirschl selbst in einem Interview mit einem Deutschen Wochenmagazin sagte, seine Geschichte viele Anklänge an den Roman „American Psycho“ (1991) von Bret Easton Ellis habe.
Elias Hirschl stellt seinen Protagonisten sehr überzeugend als üble Schreckensgestalt dar.
Einer, die einem Bettler lächerliche 20 Cent gibt und sich danach tatsächlich für seine „gute Tat“ mit einer Sachertorte im Hotel Sacher belohnt. „Salonfähig“ ist eine bitterböse Politsatire, welche trotz des wenig rosigen Themas auch eine Prise Humor enthält.
Elias Hirschl – Salonfähig
Zsolnay, 2021 | Hardcover
256 Seiten | € 22,70
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