Es hätte schön werden können, in diesem Haus am Stadtrand von Bloomington in Indiana, wäre die Protagonistin nicht der psychischen und zum Teil auch körperlichen Gewalt ihrer Freundin ausgesetzt gewesen. Ihre anfängliche große Verliebtheit zu der anderen Frau verwandelte sich bald in eine Beziehung voller Angst und Selbstzweifel.
Machado erzählt keinen durchgängigen Roman, sondern hat ihre autofiktionale Geschichte in Form von collagenhaften, teils essayartigen Kapiteln angelegt. Diese tragen Titel wie „Das Traumhaus als WELTENBAU“ oder „Das Traumhaus als TSCHECHOWS PISTOLE“.
In ihrem Buch erzählt Machado jedoch nicht nur über ihre eigene Beziehung, sondern gibt auch Einblicke darüber, wie wenig man sich bisher Gedanken über Gewalt in lesbischen Beziehungen machte. Bei häuslicher Gewalt hatten und haben viele stets nur eine Beziehung zwischen Mann und Frau vor Augen.
Die Literatin hat über sich in der „Du-Form“ geschrieben, was anfangs vielleicht etwas irritierend, jedoch nicht störend ist. Dadurch wird spürbar, dass sich Machado, die mittlerweile glücklich verheiratet ist, losgelöst hat von ihrem alten Ich und der Vergangenheit.
„Das Archiv der Träume“ ist ein aufwühlendes und klug erzähltes Buch, das sehr persönliche Einblicke gibt, trotzdem aber keinen Platz für Selbstmitleid oder unnötige Sentimentalität lässt.
Carmen Maria Machado – Das Archiv der Träume
Tropen, 2021 | Hardcover
336 Seiten | € 22,95
- Anna Baar – Divân mit Schonbezug - 7. Juni 2022
- Peter Handke – Zwiegespräch - 4. Mai 2022
- Fiston M. Mujila – Tanz der Teufel - 28. März 2022
City-Flyer – die Stadt bei Tag und Nacht › Foren › Carmen Maria Machado – Das Archiv der Träume